Religiöse Volksverhetzung und § 188 StGB

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§188StGB

Am 25. November 2020 gab es ein vielbeachtetes erstinstanzliches Urteil in Deutschland: Olaf Latzel, der evangelikale Pastor der Martini-Kirche in Bremen wurde wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe von 8.100 € verurteilt. Er hat in einem Eheseminar Homosexuelle als Verbrecher bezeichnet, die Aufnahme wurde später auf Youtube veröffentlicht.

 

Latzels Verteidigung hatte weder mit der Berufung auf die Religionsfreiheit noch auf die Bibel Erfolg. Wegen der grundlegenden Bedeutung und der fehlenden Einsicht des Unterlegenen wird es wohl zu einem Gang durch die Instanzen kommen. Wir können neugierig beobachten, ob das Urteil bis zur letzten Instanz hält.

 

Das Dilemma für die Kirchen, dass die öffentliche Wiedergabe menschenverachtender Bibelausschnitte gegen Gesetze verstößt, zeigt das Schweigen bei Kathpress. Sechs Tage nach dem Urteil findet sich dort nichts zum Suchbegriff „Latzel“, während über ganz wichtige Dinge wie neue christliche Podcasts oder Aufrufe zu einem „Marsch fürs Leben“ in Argentinien berichtet wird.

 

Ganz ungetrübt ist die Freude über die vorläufige Feststellung, dass im Nachbarland bei menschenverachtenden Aussagen die Religion keinen Sonderstatus mehr darstellt, jedenfalls noch nicht. In Österreich gilt immer noch der berüchtigte Paragraph 188 des Strafgesetzbuches über die „Herabwürdigung religiöser Lehren“. Auch wenn er in letzter Zeit kaum noch exekutiert wird, schwebt er wie ein Damoklesschwert über der Praxis berechtigter Religionskritik.

 

Dass es sich nicht um totes Recht handelt, zeigt auch die Aufnahme dieses Paragraphen in den aktuellen Entwurf des Kommunikationsplattformen-Gesetzes, das ausgerechnet in einem grünen Justizministerium vorbereitet wird. Hier wird also in Zukunft die Prüfung, ob eine online getätigte Äußerung eine „Herabwürdigung religiöser Lehren“ darstellt, den unterbezahlten und juristisch ungebildeten ZensorInnen privater Unternehmen im Ausland (Twitter, Facebook, Google/Youtube, …) überlassen!

 

Wir sehen also, dass die Privilegien religiöser Gruppen zwar langsam zu bröckeln beginnen, aber noch lange nicht beseitigt sind.

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